Highlights 2013 – Jan Kedves
Die meist doch eher leidige Frage, inwiefern Mode Kunst ist, oder sein kann, hat sich 2013 anscheinend mit besonderer Dringlichkeit gestellt. Warum sonst gab es in diesem Jahr zig Ausstellungen und Buchveröffentlichungen zum Thema? Auch auf den Laufstegen war Kunst omnipräsent, der Bezugspunkt war vor allem: Malerei. In etlichen 2014er-Kollektionen wird Stoff zur Leinwand und bekleckst, besprüht, bepinselt. Ein Rückblick auf die "canvas collections" des ausgehenden/kommenden Jahres.
Die meist doch eher leidige Frage, inwiefern Mode Kunst ist, oder sein kann, hat sich 2013 anscheinend mit besonderer Dringlichkeit gestellt. Warum sonst gab es in diesem Jahr zig Ausstellungen und Buchveröffentlichungen zum Thema? Auch auf den Laufstegen war Kunst omnipräsent, der Bezugspunkt war vor allem: Malerei. In etlichen 2014er-Kollektionen wird Stoff zur Leinwand und bekleckst, besprüht, bepinselt. Ein Rückblick auf die "canvas collections" des ausgehenden/kommenden Jahres.
Für seine Chanel*-Prêt-à-Porter-Kollektion Frühjahr/Sommer 2014 unternahm *Karl Lagerfeld einen Exkurs in den White Cube – was wohl den Witz mit sich bringen sollte, dass Lagerfeld ein großer Künstler ist. Das Pariser Grand Palais verwandelte er dafür in ein komplett ausgedachtes Museum für moderne Kunst, mit Skulpturen und Bildern, die er eigens skizziert hatte (die aber nicht zum Verkauf stünden, wie Lagerfeld sogleich betonte). Allerdings sehen die Prints der Outfits, die er vor besagter Kulisse zu Picasso Baby von Jay-Z über den Laufsteg schickte, eher nach Farbmischübungen aus der Malklasse erstes Semester aus. Immerhin, die volle Palette.
Phoebe Philo verriet Suzy Menkes von der International New York Times, dass sie sich für ihre neue Céline*-Frühjahr/Sommer-Kollektion von *Brassaïs Fotografien von Pariser Graffitis aus den 1930er Jahren habe inspirieren lassen. Brassaïs Fotos sind schwarzweiß und zeigen meist dürre, in Stein geritzte Fratzen. Philos Kleider explodieren nur so vor Farben, mit abstrakten, breit gepinselten Kurven und Balken. Gemein ist Brassaïs Motiven und Philos Kollektion höchstens das Tempo, das rasch Hingeschmierte, Unmittelbare. Eine Bezugnahme, die wohl eher zu erahnen, aber dennoch meisterhaft umgesetzt ist.
JULIAN ZIGERLI SS14 “AT THE END OF THE WORLD” from Julian Zigerli on Vimeo.
Graffiti ist das Stichwort, an das man bei Katharina Grosse immer denken muss (auch wenn es in Texten über ihre Kunst gern vermieden wird – ist die Nähe zu Street Art allzu vulgär?). Der Schweizer Designer Julian Zigerli, bekannt für superlässige Männermode, ist für seine Frühjahr/Sommer-Kollektion 2014 eine Kooperation mit Grosse eingegangen. Deren dick aufgetragene Sprühflächen finden sich transferiert auf weiße Kittel und Blousons, getragen von Jungs, die so aussehen, als würden sie sich nachts auch gern mal mit einem Rucksack voller Spraydosen an S-Bahn-Waggons hängen. Eine logische Verbindung.
Als er im Dezember 2012 die Art Basel Miami Beach besuchte, fiel Kris Van Assche, dem Designer von Dior Homme, auf, wie absurd es doch ist, in voller Montur – mit Anzug und Krawatte – am Strand in praller Sonne auf Galerieempfängen zu stehen. Diese Beobachtung brachte ihn dazu, über das Verhältnis von formeller und informeller Kleidung nachzudenken – so schrieb Tim Blanks Ende Juni 2013 auf Style.com. Auf dem Weg zu Assches Frühjahr/Sommer-Kollektion 2014 gesellten sich dann noch ein paar direkte Kunstzitate hinzu: kurzärmelige Jacketts mit Einsätzen im Mondrian-Raster, die von der Farbigkeit her an den angerosteten Metallic-Lack von John-Chamberlain-Skulpturen erinnern. Praktisch: dünne weiße Hemden mit hochgekrempelten Ärmeln und – es geht ja um Kunst – bunten Farbklecksen.
Einen weiteren Kalauer zum Thema brachte das amerikanische W Magazine in seiner Artist Issue im Dezember: George Clooney, fotografiert in gepunktetem Anzug und rundum gepunktetem Ambiente. Die Punkte stammen laut Bildcredits tatsächlich von Yayoi Kusama. Die verbindet man mit Louis Vuitton, seit Marc Jacobs sie 2012 dort zur Protagonistin seiner LV-Kunstgeschichte machte (Murakami, Prince, Sprouse) und sie eine Kollektion für den Konzern entwarf. Der LV-Logo-Canvas musste gehen, dafür kamen die Kusama-Punkte. Das Rebranding war derart erfolgreich, dass man nun – auch wenn Marc Jacobs seine Regentschaft bei Vuitton inzwischen aufgegeben hat und die Kusama-Kollektion längst nicht mehr aktuell ist – auf dem _W_-Foto automatisch noch Vuitton sieht. Dabei ist Clooneys Anzug von Armani!