Highlights 2013 – Esther Buss
Les Salauds von Claire Denis Einer der finstersten Filme des Jahres.
Les Salauds von Claire Denis Einer der finstersten Filme des Jahres.
Es geht um die brutalen Zersetzungen einer Familie, um patriarchale Macht, die Macht des Geldes, die Macht über Körper – um Kaputtheit als nicht aufzuhaltende Triebkraft. Das Schicksalhafte einer griechischen Tragödie hängt von Anfang an über der Geschichte und trotzdem hat man nie das Gefühl, Claire Denis würde ihre Figuren dem Determinismus verkaufen. Les Salauds ist ein unglaublich gewalttätiger Film, aber die Gewalt wird implizit verhandelt … schließlich gibt es neben allem Monströsen auch Platz für Schönheit, für zärtliche Gesten am Rande.
Spring Breakers von Harmony Korine Ein Wunder der Transformationskunst: Harmony Korine speist stumpfen Mainstream und disneyfizierte Looks in seinen ästhetischen Kosmos ein und macht aus einem grobschlächtigen Jugendsaufritual einen hypnotischen, fluiden Fiebertraum. Die oft als „sexy girls“ bezeichneten knuffig-knautschigen Bikinimädchen haben mich aber eher an Stofftiere erinnert.
Die HBO-Serie Enlightened Link zum Trailer Alles beginnt so übergeschnappt, durchgescheppert und hysterisch, dass man es erst gar nicht merkt: Enlightend ist eine todtraurige und wirklich Angst machende Serie. Amy, die die sozialen Codes nicht beherrscht, möchte ein „agent of change“ sein und tappt doch immer wieder nur in dieselbe Scheiße. Dem zuzusehen ist schmerzhaft. Man denkt, so unmöglich und unpassend kann doch niemand sein, und doch lässt sich darin auch Vertrautes wiedererkennen: peinliche soziale Situationen, Ausschlussängste, Anerkennungskrisen, Unsichtbarkeitsdepressionen etc. Mike White und Laura Dern haben der Geschichte in der zweiten Staffel dann aber eine schöne Wendung geschenkt, ein kleines Stück Selbstermächtigung, ein kleiner, verrutschter Sieg für Amy. Trotzdem wollten nur wenige davon etwas wissen, die Serie wurde abgesetzt. Das ist ein Jammer, irgendwie aber auch erleichternd.
La Macchina Cinema Gesehen im Rahmen der Marco-Bellocchio-Retrospektive im Berliner Kino Arsenal. La Macchina Cinema (1979), die Arbeit eines Autorenkollektivs, dem neben den Filmemachern Bellocchio und Silvano Agosti die Filmkritiker Sandro Petraglia und Stefano Rulli angehörten, ist eine mehr als vierstündige Reise durch Kino(mythen)landschaften und ein dezidierter Blick auf Filmarbeit in ihren vielfältigsten Formen: Sonntagsfilmer im Süden der italienischen Provinz, die Industrie der Cinecittà, Underground-Cineasten, selbstorganisierte Filmclubs, das schmierige Casting eines „erotisch-experimentellen“ Films und immer wieder: beschäftigungslose Filmarbeiter, unfreiwillige Kinoaussteiger. Total erschütternd ist die Geschichte der psychisch labilen ehemaligen Schauspielerin und Schönheitskönigin Daniela Rocca, deren Karriere nach einem Suizidversuch mit 25 Jahren vorzeitig endete. In La Macchina Cinema sitzt sie, vom Schicksal schwer gezeichnet, in einer Wohnung ohne Elektrizität, gefangen zwischen glanzvollen Erinnerungen und der erbarmungslosen Wirklichkeit.
Mike Kelley im Stedelijk Museum, Amsterdam Eine Retrospektive, die keine hätte sein sollen … das Gefühl von Abschied und der Anfang von etwas, dazwischen Kinderschreie: „Knuffelbeest!!!“